Wenn Hunde Fremde anspringen, dann ist das meist ein Schrei nach Aufmerksamkeit und geht auf eine mangelnde Erziehung zurück. Es gehört zu den häufigsten Beschwerden unter Hundebesitzern, ist jedoch im Vergleich zu Instinkten relativ einfach abzugewöhnen.
Gefährlich wird es nur dann, wenn der Hund ältere Menschen und Kinder anspringt. Denn diese könnten dabei umfallen und sich womöglich verletzen.
Gleichzeitig wird auch häufig die Kleidung der Leute durch die dreckigen Pfoten verschmutzt oder bekommt sogar Risse. Aber ist dafür wirklich der Besitzer schuld?
Ja, ohne Ausnahme. Das kann dir nicht nur jeder Hundetrainer bestätigen, sondern ist auch im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. [1]
Aus diesem Grund hast auch du die eventuellen Strafen zu bezahlen und nicht der Hund selbst. Die gute Nachricht? Mit ein paar Tipps lässt sich das Hochspringen problemlos abtrainieren.
Dennoch rate ich zur Vorsicht immer eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Die günstigste Versicherung startet bereits bei knapp 2 € pro Monat und ist das Geld allemal wert.
Im Folgenden lernst du zunächst über die 10 häufigsten Ursachen und anschließend über 14 Tipps zur Abgewöhnung. Los geht’s!
Die 10 häufigsten Ursachen
Warum Hunde fremde Menschen anspringen ist primär von der jeweiligen Situation abhängig. Im Folgenden findest du die häufigsten Ursachen in absteigender Reihenfolge.
- 1) Aufmerksamkeit
Selbst ausgewachsene Hunde brauchen in etwa gleich viel Aufmerksamkeit wie ein Kleinkind. Kommt diese zu kurz, dann fangen sie intuitiv an, diese einzufordern.
Gelernt haben sie dieses Verhalten Hunde im Welpenalter. Denn in diesem Alter springen sie häufig an der Mutter hoch, um nach Nahrung bzw. Milch zu betteln. [2]
- 2) Falsches Feedback
Vielen Hundeliebhabern macht es nichts aus, wenn ein Hund an ihnen hochspringt. Im Gegenteil! Sie freuen sich und spielen gar mit dem Vierbeiner.
Das Problem? Hunde wiederholen stets belohntes Verhalten. Das bedeutet wiederum, dass dein Hund auch intuitiv Fremde anspringen wird, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
- 3) Eifersucht
Grundsätzlich kannst du dir merken: Je zutraulicher und liebevoller ein Hund ist, desto eifersüchtiger ist er auch. Und das äußert sich auch häufig bei Begrüßungen.
Denn bekommt nur das Herrchen Aufmerksamkeit und der Hund wird ignoriert, dann kann das zu einer Trotzreaktion führen. Dazu gehören Gebell, Anspringen sowie Winseln.
- 4) Welpenerziehung
Bei jungen Welpen wird das Hochspringen meist als “süß” empfunden. Viele Menschen fangen deshalb zu lachen an und schenken dem Hund gar eine Streicheleinheit.
Hunde assoziieren folglich das Anspringen mit einer Belohnung. Zum Problem wird es meist erst dann, wenn der Hund zunehmend größer wird.
- 5) Keine Augenhöhe
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass Hunde vergleichsweise selten andere Hunde anspringen und dagegen deutlich häufiger fremde Menschen?
Das liegt daran, dass Hunde meist auf derselben Augenhöhe sind. Aus diesem Grund springen auch kleine Rassen häufiger an Menschen hoch als große Vierbeiner. [3]
- 6) Grenzen austesten
Eltern wird nachgesagt, dass die Teenager-Phase bei Kindern die schwerste Zeit wird. Warum? Weil Kinder in dieser Phase ihre Grenzen auf Biegen und Brechen austesten.
Bei Hunden gibt es dieses Phänomen ebenfalls. In Abhängigkeit der Rasse findet diese Phase meist zwischen dem 6. und 18. Monat statt.
- 7) Versehentlicher Trainingsfehler
Häufig benutzen Hundebesitzer das Kommando “Sitz”, um das Anspringen von fremden Menschen zu unterbinden. Grundsätzlich ist daran nichts auszusetzen.
Wird der Hund allerdings dafür belohnt, dass er zunächst springt und dann sitzt, dann wird er dieses Verhalten in dieser Reihenfolge auch in Zukunft beibehalten.
- 8) Langeweile
Wenn Hunde nicht genügend körperliche und mentale Beschäftigung bekommen, dann neigen sie deutlich häufiger zu hyperaktivem Verhalten.
Erkennen tust du das beispielsweise daran, dass der Hund in der Wohnung zu graben anfängt, ständig an Menschen hochspringt oder gar Möbelstücke annagt.
- 9) Angst
Insbesondere kleine Hunderassen, die nicht ausreichend sozialisiert wurden, werden von größeren Lebewesen häufig abgeschreckt und bekommen Angst.
Hier ist das Hochspringen eine Schutzreaktion und ein Zeichen der Unsicherheit. Denn dadurch soll der Hund größer und dominanter wirken als er eigentlich ist.
- 10) Territorialverhalten
Sollte dein Hund vor dem Hochspringen knurren, das Fell hochstellen oder gar zu schnappen beginnen, dann liegt das meist daran, dass sein Revier bedroht wurde.
Bei Schutz- und Wachhunden ist dieser Instinkt am stärksten ausgeprägt. Hier sind meist Fremde der Trigger. Durch eine Sozialisierung kann das aber gelöst werden. [4]
14 Tipps zur Abgewöhnung
Die gute Nachricht vorweg? Das Hochspringen an Menschen ist kein Instinkt, sondern ein erlerntes Verhalten. Das macht die Sache schon mal deutlich einfacher.
Die folgenden 3 Faktoren sind hierfür essenziell:
- Keinerlei Belohnung beim Anspringen geben.
- Anderweitiges Verhalten belohnen, währenddessen Hochspringen nicht möglich ist.
- Konsistentes Verhalten aller Beteiligten.
Je früher du mit dem Training beginnst, desto einfacher ist es. Das ist allerdings keine Ausrede für ältere Hunde – auch diesen kann das Verhalten problemlos abgewöhnt werden.
Wichtig: Nicht alle der folgenden Tipps sind für jeden Hund geeignet. Such dir deshalb jene raus, die bei dir und deinem Hund am vielversprechendsten klingen.
- 1) “Sitz”-Kommando einführen
Einerseits gilt es deinem Hund klar zu zeigen, was er nicht tun sollte. Andererseits verwirrt das viele Hunde, da sie nicht verstehen, was sie stattdessen tun sollen.
Und genau hier kommen Kommandos ins Spiel. Wie du deinen Hund fremde Menschen begrüßen lassen willst, bleibt dir überlassen. Egal ob im Sitzen (“Sitz”) oder Liegen (“Platz”).
Das Liegen gilt grundsätzlich als effektiver, da Hunde aus dieser Position schlechter aufspringen können als beim Sitzen. [5] Ich persönlich bevorzuge aber das Sitzen.
- 2) Ignorieren & Abwenden
Sollte Aufmerksamkeit hinter dem Hochspringen stecken, dann solltest du genau das unterlassen. Verschränke die Arme und drehe deinem Hund beim Training den Rücken zu.
Unterlasse auch jegliches Sprechen mit deinem Hund, bis er sich beruhigt hat. Sollte er anschließend nicht mehr hochspringen, dann kannst du dieses Verhalten auch belohnen.
- 3) Leckerlis als Ablenkung
Wirf beim Training vor einer Begrüßung mit einer Person ein paar Leckerlis auf den Boden, sodass dein Hund für wenige Sekunden beschäftigt ist und dabei begrüßt werden kann.
Die Person sollte anschließend den Hund wieder verlassen und ihm den Rücken zuwenden. Dadurch assoziieren Hunde eine Begrüßung mit einer Belohnung am Boden.
Bei regelmäßigem Training führt es dazu, dass Hunde bei der Begrüßung automatisch den Boden nach ihren Leckerlis absuchen, anstatt fremde Menschen anzuspringen.
- 4) Mehr körperliche Auslastung
Grundsätzlich gilt: Ein müder und ausgelasteter Hund ist ein ruhiger und nicht-springender Hund. Hier gilt es also jegliche Art von Langeweile zu unterbinden.
Beispielsweise könntest du mit Nachbarshunden regelmäßige Spieldates ausmachen, sodass sie sich gegenseitig austoben können.
Darüber hinaus helfen viele Hundespielzeuge (wie unsere) sowie weitere Haustiere als Spielpartner. Ein eigener Garten ist hierfür ebenfalls ideal geeignet.
- 5) Sitzende Belohnung
Diese Technik beruht auf dem Prinzip, dass du Sitzen mit einer Belohnung assoziierst und nicht-Sitzen mit keiner Belohnung. Gib deinem Hund zum Training den Befehl “Sitz”.
Laufe anschließend ein paar Meter weg. Sollte der Hund aufstehen, dann wiederhole das Kommando. Solle er sitzenbleiben, dann lauf auf ihn zu und begrüße ihn ruhig im Sitzen.
Sollte er währenddessen aufstehen, dann fange nochmal von vorne an. Dadurch lernt dein Hund mit der Zeit, dass er nur dann begrüßt wird, wenn er sitzen bleibt. [6]
- 6) Wahl der richtigen Leine
Für das Training rate ich dringend auf eine Führleine zurückzugreifen. Damit ist eine sehr kurze Leine gemeint, wodurch du deinen Hund beim Springen viel besser im Griff hast.
Wenn dein Hund bereits ausreichend trainiert ist, dann kannst du auf eine lange Schleppleine zurückgreifen. Rollleinen bringen dagegen die geringste Kontrolle.
- 7) Trainiere mit Freunden
Als Herrchen bist du normalerweise der Alpha deines Hundes. Das ist dann der Fall, wenn er auf deine Kommandos viel besser hört als auf die Kommentare anderer Menschen.
Freunde, Besucher oder fremde Menschen werden von deinem Hund dagegen meist als “Deltas” und “Omegas” eingestuft – also viel weiter unten in der Hierarchie.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass du auch Außenstehende in das Training miteinbeziehst, damit dein Hund mit der Zeit nicht einmal mehr Fremde anspringt.
- 8) Vermeide Herunterdrücken
Viele Hundebesitzer fangen aus Scham an in einer solchen Situation den eigenen Hund zu packen und ihn mit den Händen auf dem Boden zu halten.
Stattdessen triggert das einen uralten Spieltrieb, den Hunde von Wölfen geerbt haben. Heißt konkret: Anstatt das Anspringen zu vermeiden, ermutigst du deinen Hund sogar dazu. [7]
- 9) Sitzendes Türöffnen
Sollte dein Hund bereits beim Klingeln an der Türe hochspringen, dann wird er höchstwahrscheinlich auch anschließend die wartenden Leute anspringen.
Das kannst du minimieren, indem du die Türe nur dann öffnest, wenn dein Hund brav zur Seite sitzt. Sollte er dann beim Öffnen aufspringen, dann schließe die Türe wieder.
Dadurch lernt dein Hund, dass du die Türe nur öffnest und geöffnet lässt, wenn er brav sitzt. Und gleichzeitig wird dein Besuch von einer vierbeinigen Überraschung verschont.
- 10) Einbindung der Familie
Konsistenz ist der Schlüssel in der Hundeerziehung. Aus diesem Grund ist es essenziell, dass sich die gesamte Familie gleich verhält, wenn der Hund an Leuten hochspringt.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für Freunde und regelmäßige Besucher. Lass sie wissen, woran du momentan arbeitest und wie wichtig hier konsistentes Verhalten ist. [8]
- 11) Positionierung als Alpha
Wölfe und Wildhunde haben untereinander stets einer Hierarchie. Ganz oben steht der Alpha, danach folgen Betas, Deltas und zu guter Letzt die Omegas.
Sollte dich dein Hund derzeit nicht als Alpha sehen, dann wird er jegliche Kommandos ignorieren, sobald irgendwelche Instinkte getriggert werden.
Wie du selbst zum Führer wirst, lernst du unter anderem in der Online Hundeschule von Johanna Esser. Den Kurs kann ich dir wärmstens ans Herz legen.
- 12) Knie auf den Boden
Sollte es sich bei deinem Hund um eine sehr kleine Rasse handeln oder dein Hund allgemein eher ängstlich und schüchtern sein, dann hilft häufig herunter zu knien.
Mit dieser unterwürfigen Geste können fremde Menschen jegliche Angst und damit auch jeglichen Anreiz nehmen, wenn der Hunde sonst aus Dominanz-Problemen hochspringt.
- 13) Anderweitige Ablenkung
Bei vielen verspielten Rassen reicht es häufig aus, kurz vor der Begrüßung fremder Menschen ihr Lieblingsspielzeug auszupacken.
Das Anspringen Fremder könnte hier dazu führen, dass das Spielzeug herunterfällt. Aus diesem Grund bleiben Hunde meist am Boden und wedeln dagegen mit ihrer Rute.
Wichtig: Diese Strategie wirkt nur dann, wenn dein Hund tendenziell verspielt ist und es sich um ein relativ neues Spielzeug handelt. Alte Spielzeuge sind häufig keine große Motivation.
- 14) Vermeide Gewalt
Ein gewaltvoller Umgang mag vielleicht kurzfristig eine Besserung bringen, zieht jedoch langfristig weitere negative Konsequenzen mit sich.
Denn Hunde werden durch den gewaltvollen Umgang meist verwirrt, ängstlich oder reagieren gar aggressiv. Das kann dazu führen, dass der Hund zu schnappen beginnt.
Nicht vergessen: Die meisten Hunde haben gute Absichten, wenn sie fremde Menschen anspringen. Sie wollen ihnen in aller Regel nichts Böses. [9]
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